Ursprünge der Fastnacht


Zusammenhang mit der Fastenzeit

Zahlreiche Abhandlungen und wissenschaftliche Forschungen sprechen bei der Fastnacht von einem Schwellentermin, der unmittelbar mit der vierzigtägigen Osterfastenzeit zusammenhängt. Dessen Beginn markiert der weithin bekannte Aschermittwoch.

In Zeiten, die weit ins Mittelalter zurückreichen, wurde diese mehrwöchige Einhaltung des Fastens und der Buße streng eingefordert, was sich vor allem in erheblichen Einschränkungen der Essgewohnheiten abzeichnete. Ein Verzehr von Fleisch war somit komplett untersagt. Auch tierische Produkte wie Schmalz, Fett, Milch, Käse, Butter und sogar Eier durften überhaupt nicht verzehrt werden.

Sicher auch deshalb wurden am Vorabend vor Fastenbeginn sämtliche Lebensmittel, die auf einem solchen Index standen, aufgetischt, wollte man sie doch nicht verderben lassen. Da meist große Mengen davon vorrätig waren, veranstaltete man regelrechte Gelage. Es wurde exzessiv gegessen und getrunken.

Und wo gespeist und getrunken wird, da wird auch musiziert, getanzt, gelärmt und ausgelassen gefeiert; natürlich mit allen nur denkbaren menschlichen Ausartungen.

SCAN0011So war es sicherlich auch einst in der damals freien Reichstadt Überlingen am Bodensee, in der der katholische Glaube sehr streng verankert war und auch heute noch in vielen überlieferten Traditionen eine sehr wichtige Rolle spielt.

Demnach wird in einem Vormerkbuch des Ratschreibers aus dem Jahr 1430 erstmals davon gesprochen, dass „Geld für Trommler und Pfeifer vom Rat der Stadt gewährt wurde“ (Abbildung links).

Im Jahr 1474 ist sogar schon deutlicher von einer „Vasnacht Urtin (Gelage)“ die Rede. Eine erste urkundliche Erwähnung der Fastnacht in Überlingen ist dadurch dokumentiert.

 

Ausdehnung der Fastnacht

Man darf zurecht annehmen, dass so ein ausgelassenes Feiern auch in der Überlinger Bevölkerung sehr bald viele Anhänger fand und nicht nur unbedingt auf einen Abend beschränkt blieb. Denn je aufwendiger das Feiern, desto größer die Vorbereitung. Aber nicht nur das weitete die Feierlichkeiten aus.

Überlieferungen zufolge galt früher neben dem Montag und dem Dienstag auch der Samstag als Schlachttag. Da nach der jährlich wiederkehrenden strengen Fastenzeitregel alle Fleischprodukte bis Aschermittwoch verzehrt sein sollten, um sie wegen der geforderten Enthaltsamkeit nicht verderben zu lassen, waren drei Tage zu wenig. Der Freitag davor war als Erinnerung an den Sterbetag Jesu und somit als wöchentlicher Fasttag tabu.

So kam der Donnerstag vor Aschermittwoch (Schmotziger Dunschtig; „schmotz“ von Schmalz, Fett) ins Spiel, wurde alsbald letzter Schlachttag vor der Fastenzeit. Dieser Tag markierte bald schon den eigentlichen Beginn der ausgelassenen Feier, die wir als Fastnacht kennen. Eine zeitliche Ausdehnung, die bis heute Bestand hat.

 

Verbote als historische Belege

Solche Entwicklungen wurden in einer Zeit, in der die katholische Kirche sehr großen Einfluss auf das Leben hatte, überhaupt nicht gerne gesehen. Die Kirchenoberen interpretierten dieses feierfreudige Aufkeimen der Fastnacht als negatives Gegenstück zur Fastenzeit. Es ging sogar soweit, dass man die immer wachsende Zahl der Feierwilligen als vom Teufel besessen bezeichnete. Demnach war mit der Fastnacht eine verkehrte, gottferne Welt entstanden, die nicht tolerierbar sei. Mit entsprechendem Druck, auch auf die Stadtoberen, sollten Verbote erlassen werden, die diesem Treiben Einhalt gebieten; Verbote, die bis heute als Belege dieser Entwicklung herhalten.

Da diese örtlichen Verbote das fastnächtliche Feiern allerdings nie im Keim ersticken konnten, taten die Stadtoberen gut daran, zumindest Ordnungen zu erlassen, die den Rahmen der Festivitäten regeln sollten. Historische Schriften in Überlingen belegen dieses Vorgehen, wie allein im Überlinger Ratsbuch von 1496, das eine sieben Punkte umfassende „Vastnachtordnungbeinhaltet. Diese Ordnung gilt als älteste bekannte Fastnachtsordnung im Schwäbisch-Alemannischen Raum.

 

Teufel und Narr in der Fastnacht

In der Überlinger Fastnachtsordnung ist auch von einem Verbot die Rede, das Teufelshäs zu tragen. Da die Kirche damals nicht müde wurde, stets auf die Existenz des Teufels aufmerksam zu machen, selbst bei ihren eigenen Prozessionen in der Stadt, sprach sie lange Zeit auch der Fastnacht eine Diabolisierung zu. Nicht selten provozierten daraufhin die Feierfreudigen, sicherlich auch durch Alkohol enthemmt, vermummt in eben jener Teufels- und Dämonengestalt auf der Straße. Sie schlüpften quasi in die Rolle des „Gottlosen“.

Der Narr, als ebenso gottlos beschrieben, sollte dann bald schon den Teufel als Inbegriff der Fastnacht ablösen. So heißt es auch in einem Vorwort an die Nachwelt im Überlinger Narrenbuch von 1863 (Abbildung rechts unten) u.a.

Nachwelt1

„Ihr Narren! Die Ihr diese Worte in vielleicht 200 Jahren leset, denket, daß schon 1000 Jahre vor Euch menschliche Wesen gelebt haben, deren Herz für Liebe und Freude, für Freundschaft und Geselligkeit schlug, und daß es Narren gab, welche dem Vorbild ihrer Urgroßväter getreu, sich jedes Jahr fröhlich in die Arme der Narrheit geworfen haben. […]“.